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Besuch des Ludwigsburger Filmclubs beim Karlsruher Film-&Videoclub

Die Idee – Bericht des Ludwigsburger Filmclubs (LFC)

Angeblich gibt es eine traditionelle Animosität zwischen den fleißigen, sparsamen Württembergern und den gemütlicheren, genussfreudigen Badenern. Die Ursache liegt möglicherweise darin, dass Württemberg ein Königreich war, Baden dagegen „nur“ ein Großherzogtum. Der zwangsweise Zusammenschluss der beiden Länder nach dem 2. Weltkrieg war für eine gute Nachbarschaft dann nicht eben förderlich.

Unser Ludwigsburger Filmclub war dennoch am 23. April zu Besuch bei den Filmfreunden des Karlsruher Film- und Videoclub (KFVC)– ganz freiwillig und ohne Vorbehalte. Wir wollten einfach mal sehen „Wie machens die?“, „Was machen die anders?“, „Wo treffen die sich regelmäßig?“.

Sieben LFC-ler (Reza Shakory, Karl-Heinz Fischer, Horst Geyer, Waltraut Kruse, Klaus + Monika Menzer, Ute Pohl) machten sich also am späten Nachmittag auf den Weg, d.h. auf die stets verstopfte Autobahn, um ins Badische zu fahren. Im Gepäck des LFC das von Klaus Menzer und dem Vorstand zusammengestellte Filmprogramm. So hatte jedes mitreisende Mitglied mind. einen Film dabei.

Das „Vereinsheim“ des KFVC befindet sich im Nebenzimmer einer Gaststätte, neben einer Sportanlage und idyllisch mitten im Wald gelegen. Eleonore Güntzel vom KFVC bestätigte: „Wir sind froh, dass wir hier eine Heimat gefunden haben!“

Bei warmem Wetter treffen sich normalerweise die Vereinsmitglieder zuerst auf der gemütlichen Terrasse zum Essen bevor es dann zu den Filmen geht. Die erforderliche Technik zum Filme-vorführen ist kompakt in einem Schränkchen untergebracht, die Leinwand ist an der Wand, hoch unter der Decke befestigt – muss nur für den Filmabend noch abgerollt werden.

Nach unserem Eintreffen und nach der allgemeinen Begrüßung wurde von uns erst die Speisekarte studiert: Leckere Salate, Spargel, Pasta und Erdbeerbecher – klang alles sehr gut, wurde eifrig bestellt – und schmeckte lecker!

Doris von Restorff, 1. Vorsitzende des KFVC, begrüßte um 19 Uhr die Gäste aus dem Schwäbischen. Acht Filme des LFC wurden gezeigt, einige der Autoren waren anwesend und konnten die Fragen der Gastgeber beantworten.

Beim ersten Film „Jasmin“ von Reza Shakory mussten sich einige Zuschauer beim höchst emotionalen Filmende die Tränen aus den Augen wischen. Der Film von Siegfried Zittinger „Fontane allegre“ veranlasste Klaus Menzer zur Anmerkung „…super-Sound und super-Bild der Karlsruher Technik“. Auch die anderen Filme hinterließen jeweils einen großen Eindruck, manchmal auch ein herzliches Lachen bei den Gastgebern (Über die einzelnen Beiträge berichtet Jörg Koehler, s.u.).

Überraschend war auch die Wieder-Begegnung mit LFC-Filmfreund Gerhard Holzschuh und Partnerin. Es war ein Abend in sehr guter Atmosphäre, mit sehr konstruktiven Fragen der KFVC-ler.

Reza Shakory, 1. Vorsitzender des Ludwigsburger Filmclubs, bedankte sich am Schluss für die Einladung, für die angenehme Atmosphäre bei den Karlsruher Filmfreunden und hofft auf eine Erwiderung des Besuchs in Ludwigsburg.

(Waltraut Kruse, LFC)

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Die andere Perspektive: Bericht von Jörg Koehler, Film- und Videoclub Karlsruhe (KFVC)

Die 1. Vorsitzende Doris von Restorff begrüßte die anwesenden Mitglieder und Gäste und betonte, dass man heute als besonderes Highlight des Abends die Gäste des LFC begrüßen dürfe. Herr Reza Shakory bedankte sich für die Einladung und wies auf das umfangreiche Programm des Abends hin.

Der erste Film mit dem Titel „Jasmin“ von Reza Shakory lässt zunächst vermuten, dass es sich hier um die Beschreibung der Jasminpflanze handeln würde. Diese Vermutung aber erweist sich als „falscher Weg“, denn es handelt sich hier um den Werdegang der Marathonläuferin Jasmin Klotz, die schon als 5-jährige in Crailsheim Fußball gespielt hat. Sie wechselt die Sportart, wir sehen sie beim Training, ihre Trainerin kommt zu Wort – und vor allem sie selber. Abschließend wird ein Wettkampf gezeigt, den sie unter 3 Stunden absolviert; sie kommentiert u.a. die Widrigkeiten des Laufes. Ein sehr gelungenes, z.T. anrührendes, Porträt der Protagonistin Jasmin.

Siegfried Zittinger zeigte mit seinem Film „Fontane allegre“ die Wasserspiele eines Brunnens, der zur Musik Mozarts – Waldo de los Rios – sprudelte. Es handelte sich hier um verfremdete Nahaufnahmen, die nach der Musik des Komponisten geschnitten waren. Farb- und Kontrastveränderungen, Unschärfen und Solarisation machten den Reiz des Streifens aus.

„Kleine Modelle ganz groß“ hieß der Film von Volker Dittel und einem LFC- Team. Wir konnten viele Details bei der liebevollen Herstellung von Modellschiffen miterleben. Das ging bis in die Einzelheiten der Herstellung von Einzelteilen mit den nötigen Fräs- und Dreharbeiten. Ebenso kamen die Modellbauer des Schiffsmodellbauclubs Ludwigsburg zu Wort, in dem sie von ihrem Hobby berichteten. Es wurden eindrucksvolle Bilder der verschiedenen Bootstypen in Aktion gezeigt – sogar die Unterwasserfahrt eines U-Bootes – aber auch eine kleine Dampfmaschine in Bewegung. Wir sahen einen sehr informativen Film über die ausgesprochen großartigen kleinen Modelle.

Einen sehr sehenswerter Reisefilm von Karl-Heinz Fischer und Carmen Specht mit dem Titel „Einmal Everest und zurück“ stand als nächstes auf dem Programm. Wir wurden auf einen Rundgang in Kathmandu mitgenommen und sahen Händler in ihren kleine Läden, Märkte, heilige buddhistische und hinduistische Stätten und den überbordenden Straßenverkehr. Auf dem Weg von Lukla nach Namsche Bazar und darüber hinaus wurde dem Zuschauer klar, welche körperlichen Anstrengungen mit einer solche Wanderung verbunden sind. Yaks, Träger, Klöster, der steinige Weg, Gebetsfahnen, und die eindrucksvollen Bergkulissen waren die eindrucksvollen Begleiter der Filmemacher, die es auf fünfeinhalb tausend Meter über dem Meer schafften. Große Klasse.  

Waltraut Kruse berichtete mit ihrem Film „Charme und Rätsel es Kastells“ über das Weltkulturerbe Castel del Monte in Apulien. Das vom Stauferkaiser Friedrich II, einem Enkel Barbarossas, in den Jahren 1240 bis 1250 errichtete burgähnliche, achteckige Schloss, gibt den Besuchern bis heute Rätsel auf. Neben eindrucksvollen Bildern des Bauwerks schildert die Autorin minutiös über die seit Jahrzehnten vorgebrachten Spekulationen zur Geometrie und dem Gebrauch des Bauwerks. Ihre Recherche wurde mit alten Plänen und Bildern eindrucksvoll belegt – sehr spannend und sehenswert.  

Der Einminutenfilm „Frühstück“ von Horst Geyer zeigt, wie der Protagonist sich vor dem Spiegel rasiert und nach dem Frühstück ruft, worauf ihm ein weich gekochtes Ei auf den Spiegel fliegt, sollte es ihn treffen? Nach dem Frühstücksruf seiner Frau schreckt er in seinem Bett auf – er hat das fliegende Ei nur geträumt – jetzt sitzt er an dem gepflegten Kaffeetisch mit seinem Spiegelei. Witzig.  

Ein Film von Ute Pohl mit dem Titel „Geborgene Zwischenräume“ zeigt den Entwurf und die Herstellung einer Stahlplastik aus den Überresten des Gaskessels in Pforzheim, der 1912 gebaut worden war. Allein die abgebildeten Entwürfe auf Papier sind schon in sich Kunstwerke – ebenso wie die Holzmodelle. Der Künstler Fero Freymark wird bei seinen Arbeiten abgelichtet und bei seinen Anweisungen bei der Produktion gezeigt. Der schwierige Transport und die Aufstellung des Kunstwerks sind sehr anschaulich dokumentiert worden. Ein wertvolles Zeitdokument.  

Der Einminutenfilm mit dem Namen „Ausfahrt freihalten“ von Reza Shakory setzte die Filmfolge fort. Es wird ein anstrengendes Ausparkmanöver aus einer engen Parklücke gezeigt, welches unter der Anweisung der Besitzerin des vorderen Fahrzeugs stattfindet. Und jetzt die Überraschung: Als der Eingeklemmte frei gekommen ist, fährt die Besitzerin des vorderen Wagens davon. Super!, so muss ein Einminüter sein.  

Aus dem LFC-Pool zwei weitere Filme:

Zunächst der Streifen „Long Time No See“ von Tom Krug und einem LFC – Team. Es handelt sich um einen Musikfilm mit einer Sängerin, bei dem die Musiker und die Sängerin vor einer Green Screen abgelichtet werden, die den Stadtszenen aus den Vereinigten Staaten als Platzhalter diente. Warum der Titel – Lange nicht gesehen? – Der an Spielsucht und Suff Erkrankte kehrt nach Jahren zu seiner Mutter zurück. Klasse Filmidee mit optischen Effekten, sowie akustisch hervorragend umgesetzt.  

Der letzte Beitrag „Das Fernsehen kommt“ von Klaus Menzer, zeigt in allen Einzelheiten eine Fernsehproduktion des SWR. Der SWR dokumentierte den Umzug des Volksfestes auf der Marktstraße zu Bad Cannstatt. Der Filmautor unseres Films hatte Gelegenheit die Übertragung im Detail filmisch mitzuverfolgen, angefangen von der Filmplanung, über die Produktionsbesprechung hin bis in den Übertragungswagen. Eine eindrucksvolle Arbeit, die den Zuschauer bereichert hat.  

Am Ende des Abends bedankte sich Reza Shakory für die freundliche Aufnahme, die gelungene Projektion und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass des KFVC auch einmal nach Ludwigsburg kommen möge.  

(Jörg Koehler, KFVC)

 

 

 

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